Unterwegs erfährt Hoffmann, daß sein Vater am 23. April 1819, kurz nach seinem 21ten geburtstag verstorben ist. Er kehrt nicht noch einmal um, und Anfang Mai kommt er in Bonn an. Die neu gegründete Friedrich – Wilhelms – Universität konnte klangvolle Nahmen unter ihren Professoren aufweisen: Schlegel las dort aus der Geschichte der neueren deutschen Literatur und Ernst Moritz Arndt, der Verfasser von „Wo ist des deutschen Vaterland“ war Professor für neuere Geschichte, der aber gleich wieder abgesetzt wurde und auf etwa 20 Jahre Lehrverbot erhielt. Ansonsten war Hoffmann vom Lehrkörper eher enttäuscht.
Doch auch unter den etwa 220 Studenten waren interessante Persönlichkeiten. Viele Studenten waren aus Jena gekommen, viele davon Mitglieder der Burschenschaft, ja zum Teil sogar Vorsteher derselben, und wie Hoffmann erwähnt: begeistert für die Ideen dieser zeitgemäßen Verbindung.. Zu den Kommilitionen Hoffmanns zählten Anton Friedrich Haupt, der am Wartburgfest 1817 teilgenommen hatte, der Mitgliedschaft in der Deutschen Burschenschaft verdächtigt, deshalb verhaftet wird aber wieder freikommt. Er wird mit 25 Jahren Bürgermeister in seiner Geburtsstadt Wismar.
Heinrich Heine kommt im Dezember 1819 nach Bonn, die beiden mochten sich offenbar nicht, Hoffmann erwähnt ihn mit keiner Silbe. Mit Ernst Wilhelm Hengstenberg (siehe dazu das Gedicht „Willkommen Bruder Hengstenberg von 1844) war Hoffmann eine Zeitlang befreundet. Dieser Hengstenberg wird später einmal zum Vorkämpfer der neulutherischen Orthodoxie werden und das erzkonservativste Blatt Preußens herausgeben, die „Evangelische Kirchenzeitung“, Borchart nennt ihn einen „Dunkelmann“ im Talar. Weiter gehörte zu den Studenten Karl Simrock, später Professor der deutschen Sprache und Literatur in Bonn, Carl Moritz Arndt, der Sohn des beurlaubten Bonner Professors, und Karl Türk. Dieser war später Professor der Rechte in Rostock, wurde 1852 abgesetzt und nach jahrelanger Untersuchungshaft wegen staatsfeindlicher Umtriebe verurteilt.
Hoffmann selbst schreibt dazu: „Schwerlich hat irgend eine deutsche Universität zu einer und derselben Zeit so viele Zöglinge gehabt, die nachher einen so bedeutenden Anteil an allen Bestrebungen, Richtungen und Leistungen im Gebiete der Literatur und Wissenschaften sowie in der Politik genommen haben. Damals schienen dieselben Menschen alle ein Herz und eine Seele zu sein; es war mir, als ob sie alle nur ein hohes herrliches Ziel verfolgen könnten, als ob sie einst ihre schönsten Kräfte dem Vaterlande und seiner freiheitlichen Entwicklung, seinem Wohl, seinem Ruhm und seiner Ehre widmen müßten. – Kaum waren die einen ins Staatsleben eingetreten, so waren sie sich entfremdet oder gar feindselig gegeneinander. Viele schlugen in das Gegenteil um von dem, was sie früher zu sein oder werden zu wollen schienen: sie wurden Aristokraten, Feudale, Absolutisten, Reaktionäre, Ultramontane, Konvertiten, Pietisten, Mönche und Gott weiß was alles noch.“
Anfang August treffen sich in Karlsbad die Vertreter des Deutschen Bundes auf Druck Preußens und Österreichs um gegen die „Demagogen“ im Lande vorzugehen, und am 31. August werden dann die Karlsbader Beschlüsse verkündet. Daraufhin setzt ein ungeheuere Verfolgung der Opposition ein. In Europa entsteht ein dichtes Netz aus geheimer Polizei und Spitzeln. Man mußte vorsichtig sein. Trotzdem schließen sich die Bonner Studenten zu einer Korporation zusammen, vorsichtig nennen sie diese „Allgemeinheit“, anders als andere Burschenschaften mit öffentlichen Versammlungen. Auch benutzten sie nicht schwarz – rot – gold als ihre Farben, sondern die rheinischen Farben weiß – grün – rot. So hofften sie, nicht verboten zu werden, was zunächst auch gelang.
Ein ehemaliger Kommilitone schreibt: „Er trat diesem Klub bei, und wurde dadurch sehr aufgeheitert, denn er war etwas kopfhängerisch und so mädchenhaft sanft, daß es sich gewiß nie jemand hätte träumen lassen, er würde noch einmal ein berühmter Revolutionär werden. Wir nannten ihn unter uns immer das Heideblümchen.“ Hoffmann stellte für die „Allgemeinheit“ ein Kommersbuch : „Bonner Burschenlieder“ zusammen. Dabei waren zwei eigenen, unter dem Pseudonym „P.Siebel“ verfaßte Lieder und zwei Studentenlieder aus einer Handschrift aus dem 16. Jahrhundert, die er auf dem Bonner Markt gekauft hatte.
Zum ersten Mal muß er sich hier mit der Zensur auseinandersetzen. In Arndts Lied : Bringt mir Blut der edlen Reben“ wurde die Zeile „Dir, o Freiheit, will ich‘ s bringen“ in „Dir im Stillen will ich‘ s bringen“umgeändert. Auch war der Verleger schon vorsichtig und wollte „für das Patriotische keinen Bogen mehr spendieren“, also keine Vaterlandslieder. 50 Reichstaler Honorar gab es dafür. In dem Lied „Auf einer Rheinfahrt“: schreibt Hoffmann.
Da läßt sich noch reden ein trauliches Wort, entflohen den dunkelen Zellen, da tönt es nicht neidisch von Ort zu Ort; kein Wörtlein säuseln die Lüftchen fort, kein Wörtlein erzählen die Wellen. Wer horcht, wann wir traulich sitzen allein ? Das ist unser Vater, der liebende Rhein
In jenen Tagen war auch dieses schon politisch, , ein paar Zeilen weiter heißt es in dem Lied:
„wer bricht die Wände der Wirklichkeit ein ? Das sind nur die fröhlichen Burschen am Rhein.
Gemäß den Karlsbader Beschlüssen ging die Obrigkeit entschieden gegen die“höchst gefährliche Lehre von der deutschen Einheit“ und gegen die akademische Freiheit vor. In Berlin wurde Jahn, in Bonn Ernst Moritz Arndt wegen „wühlerischer Umtriebe“ in Untersuchungshaft genommen. Freunde Hoffmanns wurden vernommen, die Satzung der Burschenschaft versteckte er im Kamin.