ACHTUNG!
Der Inhalt dieser Webseite hat als ein durchaus verwerflicher erkannt werden müssen. Es werden in den hier zugänglichen Texten und Liedern die öffentlichen und sozialen Zustände in Deutschland vielfach mit bitterem Spotte angegriffen, verhöhnt und verächtlich gemacht; es werden Gesinnungen und Ansichten ausgedrückt, die bei den Lesern der Texte und Hörern der Lieder, insbesondere von jugendlichem Alter, Mißvergnügen über die bestehende Ordnung der Dinge hervorrufen und einen Geist zu erwecken geeignet sind, der zunächst für die Jugend, aber dann auch im Allgemeinen nur verderblich wirken kann.
Der Minister des Inneren
Dies ist der leicht veränderte Text der Begründung des Berufsverbotes für Hoffmann von Fallersleben (Original von 1842) Texte wie dieser finden sich auf der CD der Grenzgänger: Knüppel aus dem Sack, mit Vertonungen von Texten von Hoffmann von Fallersleben)
Wer war Hoffmann von Fallersleben?
Hoffmann von Fallersleben war ein früher Liedermacher, ein fahrender Sänger, ein Wolf Biermann, Hannes Wader oder Franz Josef Degenhardt des 19. Jahrhunderts. Zu Lebzeiten, aber auch noch nach seinem Tode hatte er es mit der Zensur zu tun. Seine Gedichte waren lange verboten, in Preußen z.B. war es zeitweise der ganze Verlag, in dem seine Bücher erschienen waren. Und Preußen war damals eine Großmacht.
Aber auch seine Biographen haben ihn sich zurechtgebogen. Hoffmann war der gemütsbetonte, Vaterlandsliebende Deutsche, der Dichter von Kinderliedern. Und immer sei es ihm nur um sein „Vaterland“ gegangen. Wenn man aufmerksam liest, was bisher über ihn geschrieben wurde, entsteht der Eindruck, daß diejenigen, die sich bisher mit seinem Leben beschäftigt haben, von der Annahme ausgingen, daß Hoffmann von Fallersleben eine feste Ansicht über sein Land und die notwendigen, herbeizuführenden Veränderungen hatte und diese sein Leben lang im Wesentlichen beibehalten hat und nicht veränderte.
So wurden zum Beispiel, um Motive für Hoffmanns Taten und Ansichten während der Deutschen Revolution von 1848 zu finden, nicht etwa seine Gedichte und Briefe jener Tage herangezogen, sondern das, was er 20 Jahre später unter völlig anderen Lebensumständen in seiner Biografie dazu schrieb.
Das scheint nahezu absurd. Hoffmann schwankte mehrfach in seinen Positionen, verriet seine eigenen Ideale, für die er viel riskiert hatte, manches Widersprüchliche wird erklärbar durch die äußeren Umstände. Und was seine Lebenserinnerungen betrifft: Die schrieb er in einer Zeit, als er , lange nach der verlorenen Revolution, versuchte, sein Lebenswerk zu retten und sich ein Denkmal zu setzen, was er dann am Ende ja auch bekam.
Zum Schluss biederte er sich sogar bei der Obrigkeit an, die er vorher so entschlossen bekämpft hatte. Diese Wechsel heute nachzuzeichnen ist nicht einfach Das Wenige, was über ihn geschrieben wurde, ist sehr oft stark nationalistisch eingefärbt. (Eine Biografie stammt von 1916 und eine von 1933 und schildert Hoffmann als den „Überdeutschen“.)
Ein anderes Bild von Hoffmann
Hier soll eine andere Geschichte erzählt werden, eine, wie sie bisher noch kaum erzählt wurde. Die Geschichte von einem Mann, der unbeabsichtigt zum Sänger der Revolution 1848 wurde, sich dieser Revolution dann mit Begeisterung anschloß und verlor. Seine Lieder waren in aller Munde, denn er schuf eine brisante Mischung aus Volkslied und Agitation, noch seine Vereins- und Trinklieder gerieten ihm politisch. Er war kurz davor ins Gefängnis zu müssen, er war kurz davor, wie so viele in diesen Jahren , nach Amerika auszuwandern. Wenig davon – zu wenig – ist in der dritten Strophe seines Deutschlandliedes wieder zu finden.
„Um dieser lebenslangen politischen Verfolgung willen, nicht wegen seines später mißbrauchten „Deutschlandliedes“, ums seines Kampfes als abgesetzter Professor gegen Zensur und Verbot willen, nicht wegen seines naiven altdeutschen Patriotismus, um seines einmaligen Experiments der Wiederbelebung des politisch fahrenden Sängers willen, nicht wegen der literarischen Qualität seiner Verse verdiente Hoffmann von Fallersleben wenigstens eine literahistorische Rehabilitation. Und so hätte auch nicht der Beginn seines Vaterlandsliedes „Wie könnt‘ ich Dein vergessen !“ auf seinem Grabmahl eingemeißelt werden sollen, sondern was Ferdinand Freiligrath empfahl: „Hier liegt ein Spielmann begraben.“
(Professor Dr. Walter Pape, Universität Köln)