Die Heimatbeilage des- Osterholzer Kreisblattes, Heimat am Sonntag, vom 28. Mai 1967 berichtet über einen Spitzelbericht, der im Niedersächsischen Staatsarchiv gefunden wurde und der Details über Hoffmanns Aufenthalt auf Helgoland im August 1841 enthielt. Es folgen Auszüge aus diesem Bericht:
„Man hatte einen gewissen Herrn „Kiesewetter aus St. Petersburg“ – vermutlich ist das ein Tarnname für einen Agenten – nach Helgoland geschickt, der Hoffmann und seine Freunde beobachten und die Hannoversche Regierung über ihr Tun unterrichten mußte. Kiesewetter berichtete am 29. August von Norderney aus über die Zusammenkunft hannoverscher Oppositionsmitglieder auf Helgoland am 21. und 22. August 1841.
„Die Doktoren Freudentheil und Holtermann aus Stade scheinen diese Zusammenkunft mit dem schon mehrere Wochen auf Helgoland gewesenen Professor Hoffmann aus Breslau, einem geborenen Hannoveraner und bekannten liberalen Poeten, verabredet zu haben. Am 21. August sind über hundert Landleute aus dem Bremischen unter Leitung von Freudentheil und Holtermann mit einem eigens dazu gemieteten Dampfschiffe gelandet und feierlich von Gleichgesinnten unter Hoffmanns Anführung am Ufer empfangen worden.
Nämlichen Tag hat die Oppositionsgesellschaft in einem Wirtshaus öffentlich zusammen geschmaust, gezecht und gesungen. Hoffmann hat mehrere schöne liberale und revolutionäre Reden mit anzüglichen Beziehungen auf die Maßregeln unserer Regierung gehalten, auch sollen viele Toaste mit verdeckten und verblümten Angriffen auf seine Majestät und Allerhöchst dero Regierung ausgebracht sein. Freudentheils Rede hat wenig Beifall gefunden und ist er späterhin durch Trunkenheit ganz unschädlich geworden. Hoffmann hat dagegen den rauschendsten Beifall gefunden, soll auch bei jeder Gelegenheit ebenso großen Eifer für die Sache der Opposition als Geist, Gewandtheit und Beredsamkeit an den Tag gelegt haben.
Der größere Teil der Badegäste hat keinen Teil an den Treiben der Opponenten genommen, sich vielmehr mit Widerwillen und Ekel davon abgewendet. Die Landleute haben nur durch ihr wildes Lärmen und Toben die Ruhe der Insel gestört, weder einen Funken eigenen Geistes noch das entfernteste Begreifen der ihnen vordeklamierten Dinge gezeigt. Mehrere hannoversche Badegäste, z.B. Konsistorialsekretär Wachsmuth, Dr. Haccius, Auditor Rohlfs, haben die an sie gerichtete Aufforderung zur Teilnahme abgelehnt und sich größtenteils unwillig entfernt. Die Sitzengebliebenen (worunter Kiesewetter mit einigen Landsleuten und Freunden) sind durch laute pereats gegen alle Verräter und Feiglinge verhöhnt worden.“
Der Agent vermerkt dann noch. daß am folgenden Tage, den 22. August, die Oppositionspartei eine geschlossene Versammlung gehalten habe, dabei seien Hoffmann, Freudeutheil und Holtermann die einzigen Redner gewesen. Was dabei geredet und verhandelt sei, wisse er nicht, wolle es aber, wenn er am 2 September nach Helgoland zurückkehre schon herausbringen und berichten. Hoffmann habe ein Spottgedicht auf den „Hamburger Korrespondenten“ wegen Aufnahme der die Opposition angreifenden Artikel verteilt, was großen Beifall gefunden. Er habe es auch unternommen, in mehreren öffentlichen Blättern die Sache der Opposition mit der Feder zu verteidigen.
Die Königlich Hannoversche Regierung beauftragte die Landdrostei, Dr. Haccius und Dr. Wachsmuth zu vernehmen, das geschah am 22. September. Dr. Haccius will mit seiner Frau und dem Ehepaar Wachsmuth rein zum Vergnügen am 21. August mit dem Dampfschiff „Henriette nach Helgoland gefahren sein. Auf dem Schiff seien viele Damen und Herren gewesen, von Hamburg sei auch ein Musikverein mitgefahren. um auf der Insel für die Armen ein Konzert zu veranstalten. In Stade seien dann Dr. Freudentheil und.‘ Kanzleiprokurator Holtermann mit ihren Damen, aber auch Offiziere der dortigen Garnison zugestiegen, ob !o‘ und II. mit Professor Hoffmann verabredet gewesen, wisse er nicht.
Eine große Anzahl von Landleuten aus dem Bremerhaven hatte er auf dem Schilf nicht bemerkt, auch nicht gesehen, daß Freudentheil und Holtermann die Leitung gehabt, sie seien mit ihren Frauen bei der Musik als Zuhörer zu bemerken gewesen. Es sei auch eine Unwahrheit, daß das Schiff besonders gemietet sei, jeder hätte da mitfahren können. Von einer feierlichen Begrüßung durch Hoffmann habe er, Haccius, nichts bemerkt. Die Badegäste und die Einwohner hätten zur Begrüßung Spalier gebildet, und das sei ja wohl immer (auch heute noch) so üblich. Er wüßte nicht, was da auf der Insel vorgefallen sein solle. Auch vom wil-den Lärm der Landleute habe er nichts gehört, vielmehr die Insel in ungestörter Ruhe vorgefunden.
Dann wurde Dr. Wachsmuth verhört, er bestätigte diese Aussagen. Am 22. 8. sei er Gast einer Tanzgesellschaft der Helgoländer gewesen und erst spät in sein Logiergasthaus gegangen. In der Wirtsstube habe er Dr. Freudentheil getroffen und mit ihm einige Worte gewechselt; dieser habe ihm einige Herren aus dem Bremischen vorgestellt, deren Namen er jedoch vergessen. Dr. Freudentheil habe sich dann erhoben und einen Vortrag an die Versammelten begonnen. Er selbst habe sich dann entfernt und auf der Hausdiele nur noch gehört, daß auf die Gesundheit Stüves mit einem Hurra getrunken worden sei. (Stüve war ein liberaler hannoverscher Politiker, Verfasser der Ablösungsgesetze von 1833, zeitweise Innenminister) Das sei alles, was er über die Sache auszusagen wisse. –
Am nächsten Tag wurden die Vernehmungsprotokolle an die Landdrostei Stade geschickt, wo man sicher die beiden anderen, ungleich schwerer Belasteten, Dr. Freudentheil und Holtermann, unter die Lupe nahm. Ob sie sich ebenfalls so gut aus der Affäre zu ziehen wußten, ist nicht überliefert, Minister Eichborn erschienen Hoffmanns Gedichte staatsgefährlich, er verbot den gesamten Campe-Verlag für Preußen und ließ gegen den Dichter die gerichtliche Untersuchung einleiten, sie führte 1842 zur Amtsenthebung ohne Gehalt. Hoffmann verließ Breslau und begann gezwungenermaßen sein unruhiges Wanderleben, in seinem Deutschland war er heimatlos geworden.
Dr. G. Gewecke : Heimat am Sonntag, Beilage zum Osterholzer Kreisblatt, 27 /28. Mai 1967