Was blitzt auf den Bergen (Ein Traum)

Was blitzt auf den Bergen? Was leuchtet im Tal?
Was steigt empor am Himmel im goldenen Strahl?
Die Freiheit, sie nahet vom Sternenzelt,
die Freiheit begrüßet mit Jubel die Welt.
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
Die Sänger sie rufen, sie rufen Hurra!

Was singt, was klingt, was jubelt so laut am Palast,
daß man darob erschricket und ängstigt sich fast?
Was schimmert und flimmert mich lieblichem Schein
so hell in die Säle des Schlosses hinein?
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
die Sänger sie rufen noch lauter Hurra!

Die Schriftgelehrten holt man zum fürstlichen Rat,
die müssen schnell entwerfen ein gründlich Mandat,
drin wird dann bewiesen recht bündig und klar,
daß das glänzende Licht doch ein Irrlicht nur war.
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
die Sänger sie rufen noch lauter Hurra!

Hoch oben an dem Himmel, da glänzet das Licht,
die Schriftgelehrten können es löschen doch nicht;
sie haben die Sänger verfolgt und verbannt –
der Stern an dem Himmel bleibt stehen wo er stand.
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
die Sänger sie rufen von ferne Hurra!

Und endlich, endlich leuchtet den Fürsten es ein,
das sie betrogen wurden von ihren Lakaien:
Fluch, daß sie uns machten so taub und so blind!
Wir sehen, daß der Morgen der Freiheit beginnt.
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
die Sänger sie rufen von ferne Hurra!

Da rufet man die Sänger zurück in das Land,
die Sänger sind gestorben – frei, aber verbannt.
Doch was sie nicht wagten zu hoffen, geschieht:
Jetzt singen die Fürsten der Freiheit ein Lied.
Juchheirassassa ! und die Freiheit ist da,
die Sänger sie rufen im Grabe Hurra!

Juli 1843
Melodie: Was blasen die trompeten ? Husaren heraus !

Auch wenn Hoffmann diesen Text mit „Ein Traum“ betitelt hatte, so kann man sich doch nur über die Naivität wundern, die darin ausgedrückt wird: Die Fürsten betrogen von ihren Lakaien, und wenn sie die Wahrheit erfahren, wird alles gut ! (Ein Jahrhundert später, während der Herrschaft der Nationalsozialisten, hieß die zeitgemäße Weiterentwicklung dieses Gedankens: „Wenn das der Führer wüßte…“)

Dieser Glaube vom „guten Fürsten“ muß weit verbreitet gewesen sein, wie sonst wäre der Verlauf der Märzrevolution vier Jahre später sonst zu erklären ? Georg Herwegh dichtete zu diesem Thema: „In Deutschland nimmt man die Hüte den Königen ab, das genügt ihm schon, der Deutsche macht in Güte die Revolution.“