„Ich habe den Bürgerkrieg in seine Anfängen mitgemacht. Den 3. Mai war ich mit auf der großen Volksversammlung in Kaiserslautern , begleitet von meinen „drei Sommerliedern“, welche der Stimmung des Tages entsprachen. Als ich am Abend eintraf, führte mich mein Wirt, der mich vom Jahre 43 kannte, auf die Volksversammlung. Als man meiner gewahr ward, musste ich mich dem souveränen Volke zeigen und wurde mit dreimaligen („donnerndem“ würdest du hinzufügen) Hoch bewillkommnet.“ ( Brief an Rudolf Müller , in: An meine Freunde, S. 152 )
Eines dieser Drei Sommerlieder , die er anscheinend auch öffentlich vorgetragen hat, geht so:
„Ja, sie haben uns verraten und gespielt das alte Spiel, und mit Ränken und Soldaten uns gebracht um unser Ziel. Brüder, Freiheit oder Tod! Eisen, Eisen bricht die Not! Lieber heute noch als morgen zahlt den Gläubigern die Schuld! Fluch dem Warten ! Fluch dem Borgen ! Fluch vor allem der Geduld ! Brüder, Freiheit oder Tod! Eisen, Eisen bricht die Not! “
In “ Mein Leben “ ,schildert er diese Zeit viele Jahre nach der verlorenen Revolution wie einen Karnevalsaufzug: „Da trat die Badische Bewegung ein; es fing an unheimlich zu werden.“
Am 13. Mai spazierte ich bei sehr schönem Wetter in die Rheinschanze. Unterwegs viel Getümmel: Freischärler in wunderlicher Tracht und Bewaffnung, und neugierige Wanderer, Alles bunt durch einander. Ich ging dann in das Hauptquartier und traf die Leiter der kriegerischen Bewegung: Blenker , Diepenbrock , Doll .
So ernst der Anlaß zu diesen Rüstungen war und so schrecklich die Folgen sein konnten, so erinnerte mich doch das ganze Thun und Treiben zu sehr an unsere Schützengildenfeste und Carnevalsaufzüge. Ich sah Leute in ärmlicher Ausrüstung mit alten Schleppsäbeln und ausgemusterten Gewehren, aber mit einer Würde einherschreiten, daß ich mich des Lachens nicht enthalten konnte. Die Aufregung war groß, aber keine Klarheit über ein einziges, gemeinsames Ziel. Dieselben Leute, die am Morgen Einheit und Freiheit, Grundrechte, Reichsverfassung schrieen, ließen Mittags das Kaiserreich, Nachmittags den Bundesstaat und Abends die Republik leben. Dennoch galt ich bei denselben für einen ihrer Parteigenossen und auf dem heutigen Spaziergange mußte ich es erleben, daß ich überall, wo man mich erkannte, mit einem Hoch begrüßt wurde.
Am 14. Mai war ganz Baden im Aufstande. Schon den Abend vorher war der Großherzog aus seiner Residenz geflohen, die Regierung beseitigt, das Heer abtrünnig geworden, der Landesausschuß hatte die Regierungsgewalt an sich gerissen und einen Aufruf erlassen. In Mannheim war große Aufregung. Die Soldaten schlossen sich der Volksbewegung an, und eine Bürgerwehr trat ins Leben.
Am 28. Mai schreibt er an Rudolf Müller aus Geisenheim in einem Brief: „Der Volksversammlung in Mannheim, die über das Schicksal der dortigen Garnison entschied, wohnte ich auch bei. Im Hauptquartieren zu Ludwigshafen war ich öfter. Die ganze Zeit über, also vier Wochen hinter einander, war ich in der größten Aufregung und endlich so körperlich leidend, daß ich mich vom Schauplatze zurückziehen mußte. Was habe ich nicht alles gehört und gesehen ! Wie habe ich geschimpft und geflucht über diese großartige Verräterei der Fürsten und ihrer Helfershelfer, dieser Frankfurter Millionenhunde!“
In Mein Leben schreibt er viele Jahre später: „Ich hatte genug an diesen gewaltigen Anstrengungen aller Parteien, Alles in Verwirrung zu bringen, um schließlich weder für sich noch für das Vaterland etwas zu erreichen. Es wurde ein schreckliches Trauerspiel vorbereitet. Ich mochte nicht als müßiger Zuschauer warten, bis es in Scene gesetzt war, und wie hätte ich mich betheiligen sollen? Meine Waffe war das Lied, und diese Waffe galt bei dem großen Haufen und seinen Führern, die nur mit roher Gewalt noch etwas auszurichten hofften, gar nichts mehr. “
Zitate aus Mein Leben – insbesondere der letzte Absatz ist immer wieder benutzt worden zum zu untermauern, wie unpolitisch Hoffmann damals war , dabei sprechen seine Gedichte und Briefe aus diesen Tagen eine völlig andere Sprache! Zwei Wochen später schreibt er immer noch in Geisenheim an Ludwig Erk in Berlin einen Brief :
„Ich wollte auf den Kampfplatz zurückkehren, es ist aber für unser einen der Weg dahin seit lange schon abgesperrt […] Es ist für mich eine traurige Erfahrung, daß beinahe alle meine alten Freunde Erzheuler und Rückwärtsler geworden sind.“