Gespräch mit Rückert

Am 21. April reist er durch Rudolstadt und das Schwarzatal, weiter nach Koburg nach Neuses, wo er am 23. ankommt, er will Rückert besuchen. Dieser empfängt ihn und seinen Begleiter ernst, beinahe kalt. Es entwickelt sich ein Gespräch, welches Hoffmann in „Mein Leben“ wiedergibt:

Gespräch mit Rückert

Ich: Was gibt’s denn Neues in Berlin ? Das „Frankfurter Journal“ meldet aus Preußen, daß Jacoby verurteilt ist, und daß ich entlassen sei.
R.: Sie haben auch wohl nichts anderes erwartet.
Ich: Ich freilich nicht, aber andere haben anderes erwartet, viele glauben noch gar nicht daran.
R.: Sie haben es provoziert.
Ich: Der Staat hat das Recht, sich der Staatsdiener, die ihm nicht genehm sind, zu entledigen, aber nicht das Recht, ohne Urteil und Recht jemanden abzusetzen. Der König hat die Kabinettsorder, wie es heißt, unterzeichnet.
R.: Sie werden Pension bekommen – ich kann es mir gar nicht anders denken – und da wird man Ihnen erlauben, überall zu leben.
Ich: (Lächelnd) Sie beneiden mich am Ende noch ! (Rückert wurde zutraulicher)
R.: Es ist weiter kein Unglück, wenn Sie mit 500 Reichstalern pensioniert werden, in Hildburghausen können Sie mit 500 Reichstalern das erste Haus machen. Ich ließe mich gleich pensionieren.
Ich: Sie dürfen nur wieder etwas politisches dichten.
R.: O ja, wenn man nur die Grenze wüßte !
Ich: Das Schlimmste für mich wäre, wenn ich aus Deutschland verbannt würde.
R.: Da bleibt Ihnen Europa offen, und wenn das auch Ihnen versagt ist, gehen Sie nach Amerika. Dort lebt jetzt deutsche Kunst und Wissenschaft auf. Wir müssen einen deutschen Staat gründen. Mein Söhne sollen auch hin.

So endet das Gespräch, Hoffmann lehnt die Auswanderung als Möglichkeit ab, andere wie Rückert und vorher schon Jakob Grimm halten diesen Weg offenbar für naheliegend. Abends gehen Hoffmann und sein Begleiter Sievers in den „Englischen Hof“ zu Hildburghausen. Beide tragen sich in das Fremdenbuch ein. Sievers schreibt unter Reisezweck: „Chausseegeld bezahlen“. Am nächsten Tag besuchen sie Josef Meyer, den Herausgeber der „Groschenbibliothek der deutschen Klassiker für alle Stände“, den Hoffmann in den höchsten Tönen lobt.

Am 25. April geht es weiter nach Meiningen zu Ludwig Bechstein. Ein angenehmer Gesellschafter, schreibt Hoffmann, der viel schreiben muß, damit er seine Familie und sich ernähren kann. Zwischen den Zeilen kann man lesen, daß Hoffmann, der gar nicht so weit von einem solchen Leben entfernt ist, sich leicht über ihn und seine Texte lustig macht: „Weniger wäre mehr gewesen“, heißt es über Bechsteins Dichtungen.

Am 27. April, wieder in Jena, erhält Hoffmann ein Schreiben Heinkes, in dem er offiziell vom Dienst suspendiert wird, aber noch ist er im Amte eines Professors, auch wenn die Zeitungen bereits melden, er wäre abgesetzt. Wie schon zwei Wochen zuvor singen ihm Studenten Lieder:

„Dem Manne der Wissenschaft und der Gegenwart, dem Kämpfer für Licht und Wahrheit, dem Sänger des Liedes, welches tat ist,H.v.F., bringen Jünglinge, deren Streben es ist, zu erfassen die Gegenwart und mitzubilden die Zukunft, ein dreifach donnernd Hoch.“

Allmählich muß sich unser Revoluzzer vorkommen wie eine lebende Legende.
Am 29. April reist er ab, es geht mit der Kutsche über Dornburg und Schulpforta wieder nach Leipzig.