Der unglückselige Gelehrten-Beruf

Hoffmann überlegt hin und her, wie er einen Ausweg aus seiner Situation finden kann. Größere wissenschaftliche Arbeiten lassen sich bei den Umständen, unter denen er lebt und arbeitet nicht verwirklichen. „Bei Arbeiten von minderem Umfange und zeitgemäßem Inhalte würde mir, sobald sie nur irgend die Politik berührten, Zensur und Polizei immer hindernd in den Weg treten.“
An Ferdinand Freiligrath schreibt er am 29.11.1846 nach London: „Ich hatte Dir nach Brüssel geschrieben. Der Brief ist wohl nie in Deine Hände gekommen. Ich weiß nur noch, daß ich mich freute über ein Wort, daß Du nach Mainz geschrieben haben solltest: „Ich kann immer wieder Kaufmann werden, das habe ich gelernt.“

Ich kann leider weiter nichts mehr werden: Mein Leben war abgeschlossen, als ich den unglückseligen Gelehrten-Beruf wählte, einen Beruf, der auch ohne Mißliebigkeit und Verfolgung mich nicht einmal so weit brachte, daß ich mir einen eigenen Herd gründen und eine heitere Zukunft hoffen konnte. Das deutsche Gelehrtentum ist selbst unter günstigen Verhältnissen nur immer ein glänzendes Elend, reich an Hoffnungen, noch reicher an Entbehrungen und Bedürfnissen aller Art. Ich stieg zu der höchsten Höhe, die ein deutscher Gelehrter erreichen kann, ich war Professor Ordinarius und fiel wieder herab, nachdem ich Amt und Gehalt verloren hatte. Nun lebe ich freilich frei von amtlichen Beziehungen, von jedem Staatszwange, aber bin abhängig geworden von der Güte meiner Freunde, denn auf eigene Hand vermag ich nicht zu leben. …Mit Schriftstellerei bringe ich es nicht zu Wege. Ein Kapital von 10000 Tlr. wäre dazu nötig, das mir im besten Falle 500 Tlr abwürfe, und das läßt sich von unsern einem in Deutschland schwer erwerben.

Meine Bibliothek habe ich zu 2000 Tlr. Ausgeboten. Wenn mir aber auch diese Summe zukommt, so fehlt mir aber an den 10 000 Tlr, noch sehr viel. Da bin ich nun eben diesen Augenblick auf einen Gedanken gekommen, der mir ein unabhängiges Dasein gründen kann. Ich will nach New – York gehen und den dortigen Deutschen öffentliche Vorlesungen über deutsche Literatur bis auf die neueste Zeit halten. Ich brauche dazu nur meine alten Hefte fortzusetzen und zu ergänzen und werde dann Belege sammeln und die neuesten Hülfsmittel durchstudieren. Das kann in den nächsten drei Vierteljahren geschehen. Dann will ich den Winter 47 in Frankfurt meine Weisheit auskramen, daß ich meinen Plan weiter zu verfolgen im Stande bin. Ich lerne unterdessen Englisch, halte mich zwei Sommermonate 48 in London auf, um mich in der Sprache zu vervollkommnen, und gehe nach New – York. Wie gefällt Dir dieser Lebens- und Reiseplan ?“
Doch der Plan verläuft im Sande, wie so vieles in dieser Zeit. Den Jahreswechsel verlebt er in Geisenheim.