Über unserem Vaterland (Deutsche Farbenlehre)

Über unserem Vaterland
ruhet eine schwarze Nacht,
und die eigene Schmach und Schande
hat uns diese Nacht gebracht.
Ach wann erglänzt aus dem Dunkel der Nacht
unsere Hoffnung in funkelnder Pracht ?

Und es kommt einmal ein Morgen,
freudig blicken wir empor:
Hinter Wolken lang verborgen,
bricht ein roter Strahl hervor.
Ach wann erglänzt aus dem Dunkel der Nacht
unsere Hoffnung in funkelnder Pracht ?

Und es zieht durch die Lande überall ein goldnes Licht,
das die Nacht der Schmach und Schande
und der Knechtschaft endlich bricht.
Ach wann erglänzt aus dem Dunkel der Nacht
unsere Hoffnung in funkelnder Pracht ?

Lange hegten wir Vertrauen
auf ein baldig Morgenrot;
kaum erst fing es an zu grauen,
und der Tag ist wieder tot.
Ach wann erglänzt aus dem Dunkel der Nacht
unsere Hoffnung in funkelnder Pracht ?

Immer unerfüllt noch stehen
Schwarz, Rot, Gold im Reichspanier:
Alles läßt sich schwarz nur sehen,
Rot und Gold, wo bleibt ihr ?
Ach wann erglänzt aus dem Dunkel der Nacht
unsere Hoffnung in funkelnder Pracht ?

Text: Hoffmann von Fallersleben – 1843
zuerst in Deutsche Salonlieder , 1844