Studium in Göttingen – Wartburgfest

Im April 1816, ein Jahr nachdem der Wiener Kongreß die Aussicht auf eine Verfassung zunichte gemacht hat und dem Adel wieder zu seinen Rechten verhalf, unser Poet ist gerade 18 Jahre alt geworden, geht Hoffmann also auf Wunsch seiner Eltern an die Universität zu Göttingen, um mit wenig Geld und noch weniger Lust Theologie zu studieren. Die Vorlesungen erschienen ihm noch langweiliger, als er befürchtet hatte und so hielt er es mit dem Studium wie mit dem Dichten, er setzte seinen Kopf gegenüber seinen Eltern durch.

Den Hörsäälen kehrte er bald den Rücken zu, statt dessen beschäftigt er sich mit deutscher Literaturgeschichte und geht oft in die Universitätsbibliothek.. Noch einmal bittet er seine Eltern um Zustimmung, ein Onkel ebnet ihm den Weg und er darf von der Theologie zur klassischen Philologie wechseln. Er hört Vorlesungen in lateinischer und griechischer Literatur und treibt historische Studien. Aber eigentlich weiß er noch nicht so recht, wohin ihn sein Weg führen wird. Er ist auf der Suche.

So beschließt er im nächsten Frühjahr erst einmal zu „Philistrieren“, er reist nach Fallersleben, besucht Eltern und Freunde, auch hier lernt er Latein und Griechisch liest Homer, aber auch die Nibelungen. Dann reist er weiter nach Magdeburg, um seinen Bruder Daniel zu besuchen. Er besaß keinen Paß, seine Studienbescheinigung war in Latein abgefaßt und dem Grenzposten unverständlich.

Zudem machte er sich durch sein Äußeres auffällig: „Schon damals fingen die Behörden an, jeden jungen Menschen, der bequem und deshalb oft auffällig gekleidet war, oder gar eine Turnjacke und eine leichte Mütze trug, für staatsgefährdend zu halten und ihm besonders das Reisen zu verleiden.“

Hintergrund dieser Verdächtigungen war, daß sich Widerstand gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse regte, der wie so oft in der Geschichte von den Studenten ausging, damals insbesondere von den Burschenschaften. , die ersten werden am 18 Oktober 1817, dem Jahrestag der Völkerschlacht bei Leipzig und dem 3oosten Jahrestag der Einführung der Reformation, bei dem großen Wartburgfest gegründet.

Dann waren da die Freikorps der Befreiungskriege, denen sich ja auch einige Mitschüler Hoffmanns angeschlossen hatten, die zunächst gegen den äußeren Feind gekämpft hatten, sich nun aber auch für innere Freiheit einsetzten. Und dann gab es noch die „teutschtümelnden“ Turner, mit „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn an der Spitze, die den Leibesübungen der alten Germanen nacheiferten. Alle diesen Gruppen setzten sich ein für Deutschlands Einheit.

Das Wartburgfest strahlt auch bis nach Göttingen aus. Doch die studentischen Landsmannschaften werden vom Adel beherrscht und von den Professoren begünstigt, es ist nichts anzufangen mit „diesen kalten, vornehmen, empfindlichen Musensöhnen, wie sie damals massenhaft nur in Göttingen gediehen und gedeihen konnten…Seitdem, durch die Feier des Wartburgfestes angeregt, die Gründung deutscher Burschenschaften eifriger betrieben wurde, machten wir auch in Göttingen Versuche damit. Aber unsere Versammlungen waren erfolglos, Göttingen war einmal kein Boden für Burschenschaften…“

Kontakt mit anderen Studenten fand kaum statt, auch wenn man Tür an Tür wohnte, noch weniger zu den Professoren, und so lebte Hoffmann bis auf wenige Freundschaften isoliert und bekam nur indirekt mit, was sich im Lande tat. Statt dessen lernte er fleißig.

Er hört vor allem Kunstgeschichte, er liest die Werke von Winkelmann, dem Begründer der Archäologie, sieht auch dessen 122 Bände starke Enzyklopädie durch. Ein neues Berufsbild taucht vor ihm auf, das des Kunsthistorikers. Er will nach Italien, nach Griechenland, lernt sogar französisch und liest Rousseau im Original, ist damit wieder bei den Ideen der französischen Revolution angelangt. Allerdings begeistert ihn die Klassik mehr, er will ein zweiter Winckelmann werden. Er gründet sogar mit anderen Kommilitonen eine Gemeinschaft, in der nur lateinisch gesprochen werden durfte, die sich aber mangels Sinn und Freude an der Sache bald wieder auflöste.