27.6.1849, Frankfurt, an Rudolf Müller in Holdorf in Mecklenburg:
In Bingerbrück stehe ich „unter dem rheinischen Rechte, wonach man für ein Gedicht nicht so leicht auf die Festung geschickt wird, wie das wirklich neulich in Halle geschehen. Dort hat man einen armen Teufel, der die Steuerverweigerung poetisch empfohlen hat, zu dreijähriger Festungsstrafe verurteilt. Schöne Gegend !
Vom Kampfplatze immer noch nichts Amtliches, dagegen viele verworrene und unvollständige Berichte. Aus allen geht jedoch hervor: das Volksheer hat sich durchgeschlagen nach Rastatt und an die Murg, und „mein herrliches Kriegsheer“ mit seinen „herrlichen“ Anhängseln, namentlich Mecklenburgern, hat in allen Treffen sehr viel gelitten. Das „Lumpengesindel“ hat dermaßen gekämpft, daß die Heulerblätter ihm einen Löwenmut zugestehen !
Ich sprach gestern abend einen jungen Arzt, der den Kriegszug als Mitkämpfer mitgemacht hatte. Es sind wahre Wunder von Tapferkeit und Ausdauer verrichtet. Nur durch die Übermacht, im Bunde mit den Heulern und dem nichtswürdigen Benehmen Römers* , ist alles so unglücklich bisher gegangen.
Die Sache ist aber noch nicht aus: noch stehen 20000 Mann für die Sache der Freiheit an der Murg, und wenn sie sich nur vier Wochen noch halten, so kann ein wunderbarer Umschwung der Dinge in Europa ihnen und uns helfen. Ich habe zwar keine Hoffnungen auf die nächste Zukunft, lebe aber in dem tröstlichen Glauben, daß sich durch Bajonette und Kanonen wohl eine Idee nieder halten, aber nicht zerstören läßt. Die Reaktion wird siegen, aber in ihrer Siegestrunkenheit unseren Sieg beschleunigen. *:
* Friedrich von Römer (1794-1864), Märzminister des Jahres 1848 und Haupt der württembergischen Opposition, der sich jedoch infolge der revolutionären Ausbrüche von der demokratischen Partei abwandte)