Fürstenknecht

Ebeling bedrängt Hoffmann, sein Königslied: „Wer ist der greise Siegesheld“ zu veröffentlichen und mit seinem Namen zu unterzeichnen. Hoffmann wagt es nicht, er ist sich wohl bewusst, daß dies einen Bruch mit seinen bisherigen öffentlichen Äußerungen bedeutet, er daraufhin als Verräter an der Sache der Demokratie, als „Fürstenknecht“ bezeichnet werden könnte.

„Wer hat für dich in blut´ger Schlacht
besiegt den ärgsten Feind ?
Wer hat dich groß und stark gemacht,
dich brüderlich geeint?
Wer ist, wenn je ein Feind noch droht,
dein bester Hort und Schutz?
Wer geht für dich in Kampf und Tod
der ganzen Welt zu Trutz? –
Du edles Deutschland, freue dich,
Dein König, hoch und ritterlich,
Dein Wilhelm, dein Kaiser Wilhelm ist´s!“

Hoffmann antwortet am 28.8.1870, Goethes Geburtstag, auf Schloß Corvey, an Theodor Ebeling in Hamburg:

Es tut mir leid, lieber Freund, daß Sie so leidend sind, aber ebenso leid tut mir, daß ich Ihren Wunsch nicht erfüllen kann. Ich werde meinen Namen nie verleugnen, wozu ihn aber immer und überall nennen, zumal da, wo Freund und Feind Gelegenheit finden würden, mich einen Gesinnungswechsels zu zeihen ? Was ich gesungen habe, ist meine feste Überzeugung. wer aber wird das glauben und einsehen ?

Als mich vorgestern Freiherr Gisbert von Vincke, der bekannte Dichter und Novellist, besuchte, haben wir einige Stunden miteinander über die Zeitereignisse geplaudert. Da wir sehr einig in den Hauptsachen waren, so teilte ich ihm schließlich mein eben entstandenes Lied mit. Er war sehr erfreut. Ich bat ihn, niemandem etwas darüber zu sagen.

Nicht wahr, fragte ich ihn, wenn mein Name unter dem Liede stände, würde es die Kreuzzeitung nicht aufnehmen ? „Nein“, meinte auch er, „gewiß nicht.“ Selbst bei dem Liede für die Fünfundfünfziger hat sie darüber gesetzt: „Eingesandt“. Es geht nicht, lieber Freund, es geht wirklich nicht. Das ist auch die Überzeugung meiner Schwägerin.

Was Freiligrath und Rittershaus tun können, kann für mich nicht maßgebend sein: beide stehen zum deutschen Volke, zu seinen Parteien und zum preußischen Staate in ganz anderem Verhältnisse als ich, sie waren von je unabhängig, nie Staatsbeamte, nie in der Art wie ich mißliebig, verfolgt, gehaßt, nie in der Lage, selbst von Freunden angezweifelt zu erden. Als ich nach Weimar ging, um mit Unterstützung des Großherzogs das Weimarische Jahrbuch mit heraus zu geben, nannte mich einer meiner besten Freunde einen „Fürstenknecht“.

Damit also harmlos, unangefochten mein Lied bleibt, so verzichtet es auf die Flagge, denn keine Flagge soll bei mir die Ware decken. Können Sie meine Wünsche und Bitten gerade so, wie ich selbige in meinem vorigen Briefe ausgesprochen habe, erfüllen, gut, dann werden Sie mir eine große Freude bereiten, sonst muß ich auf das Druckenlassen verzichten. Könnte ich mich doch ganz aussprechen gegen Sie !

Ich bin überzeugt, Sie würden alle meine Gefühle teilen und mir auch darin beistimmen, daß in einer so großen Zeit nur von einem großen Volke die Rede sein kann, und daß der einzelne in dem gewaltigen Kampfe um Freiheit und Einheit verschwinden muß, wie’s auch nicht anders will. (Briefe, S. 323)