Ein Gärtlein weiß ich noch auf Erden

Ein Gärtlein weiß ich noch auf Erden,
Drin wandl´ ich gern bei Tag und Nacht;
Das kann mir nie verwüstet werden,
Es ist von Engeln stets bewacht.

Da zeigt sich noch den Augen immer
Der Himmel wolkenleer und blau,
Da äugelt noch wie Demantschimmer
An Gras und Blättern Himmelstau.

Da fließen noch die Brünnlein helle,
Nichts hemmt noch trübet ihren Lauf;
Da sprießen noch an jeder Stelle
Die schönsten Blumen morgens auf.

Da schwirren noch auf güldnen Schwingen
Die Käfer Freud´ und Lust uns zu;
Und aus den dunkeln Büschen singen
Uns Nachtigallen Fried´ und Ruh.

Da müssen noch die Klagen schweigen,
Da ist das Herz noch allzeit reich,
Da hangt an immergrünen Zweigen
Noch traulich Blüt´ und Frucht zugleich.

Da gibt´s noch keine finstern Mienen,
Nicht Zank noch Neid, nicht Haß noch Zorn;
Da summen stachellos die Bienen,
Und Rosen blühen ohne Dorn.

Da lächelt schöner noch die Sonne,
Und heller blinkt uns jeder Stern;
Nur nahe sind uns Freud´ und Wonne,
Und alle Sorgen bleiben fern.

O sucht das Gärtlein nicht auf Erden!
Es ist und bleibt uns immer nah:
Wir dürfen nur wie Kinder werden —
Und sieh, gleich ist das Gärtlein da.

(1828)