Das Hambacher Fest wird nicht erwähnt

6.5.1831, Breslau, an Meusebach in Berlin

„Ich habe in Wahrheit viel gelitten, Sie wissen mehr als mancher davon, aber niemand weiß es recht, was ich gelitten habe. Die letzten beiden Jahre besonders war ich mehr tot als lebendig. Es folgte eine Zeit, eine lange Zeit, wo ich nur noch eine Sehnsucht, einen Wunsch hegte – zu sterben. Der Himmel hat es anders gewollt. Gerade wo mir das Glück am fernsten schien, trat es mir recht unter die Augen. ..ich bin wieder etwas geworden – Bräutigam, und meine Braut ist Davida von Thümen, die jüngste Tochter der Generalin von Thümen zu Potsdam. (Briefe, S. 69)“

Hoffmann wird zum Mitdirektor der Kunst- und Altertümersammlung der Universität zu Breslau ernannt, was ihm wenig bedeutet. Gegenstände aus der Frühzeit haben ihm zu wenig Bezug zur Gegenwart. Außerdem ist jener Kunst- und Altertumsforscher , der Mitglied der „Vaterländischen“ ist, sein Gegner.

1832 – Das Hambacher Fest

Auf dem Hambacher Schloß in der Rheinpfalz versammeln sich 30 000 Menschen, die das Ende der Fürstentyrannei und damit die staatliche Einigung Deutschlands zu einer Republik fordern. Die Redner werden von der bayerischen Regierung verhaftet. Der Bundestag verfaßt auf Betreiben Metternichs 6 Artikel, unter anderem werden politische Vereine und Reden verboten. Am 3. April 1833 stürmen Handwerksgesellen und Burschenschafter die Frankfurter Hauptwache. Hoffmann erwähnt dieses, wie andere bedeutende politische Ereignisse dieser Jahre, in seiner 1860 verfassten Autobiographie mit keinem Wort!

9.4.1833, Breslau, an Johannes Schulze in Berlin

„Die Familie von Winterfeld, bei welcher meine Braut hier gelebt hatte und nun auch wieder in Berlin lebte, suchte alles anzuwenden, die Erfüllung meiner Wünsche zu hintertreiben. Man deutete darauf hin, meine Braut sei jetzt krank, ich hätte jetzt auch nicht Einkommen genug, sagte mir aber nie ehrlich und offen, daß deshalb nur meine Heirat verzögert werde.

Übrigens kannte mich die Familie Winterfeld sehr genau und bereits seit dem Jahre 1823; sie wußte, daß ich für mein Kustodiat 360 Tlr. und für meine Professur 200 Tlr. jährliches Einkommen hatte, und sie mußte vorher wissen, was sich billiger Weise dereinst vom Staate für mich erwarten ließ. – Frau von Winterfeld hatte sich mündlich gegen eine hiesige Freundin geäußert: ehe ich nicht wenigstens 14 oder 1500 Taler Gehalt hätte, könne aus meiner Verbindung nichts werden… Leider musste ich zuletzt noch die Überzeugung gewinnen, daß meine Braut die Ihrigen mehr liebte als mich und willenlos, wie sie es von Jugend auf aus zärtlicher Rücksicht gegen jene gewohnt war, jetzt ein Verhältnis zerstören half, wenn ich statt Freude nur Vorwürfe und Verdruss einerntete, alle Lust an literarischer Tätigkeit verlor und den letzten Rest angeerbter Heiterkeit einbüßte.

Jetzt habe ich Ruhe und Frieden wiedergewonnen. Ich habe keine Ansprüche dieser Art mehr an die Welt; ich gehöre ganz der Kunst und Wissenschaft und suche nichts für mich, nur für jene habe ich Hoffnungen, Wünsche und Bitten.“ (Briefe, S.70)

14.9.1833, Breslau, an Leocadia von Nimptsch
auf Jäschkowitz bei Breslau

„Jugend ! ich kenne auch den Zauber, der in diesem Worte liegt, und doch wie wenig bin ich der Tage froh geworden, die man Jugend nennt ! Meine Jugend war ein Kampf gegen Not und Kummer, ein Streit mit dem Ererbten und Aufgedrungenen in Kunst und Sitte, eine Notwehr gegen die Feinde meiner Ruhe, meiner Heiterkeit, meines wissenschaftlichen Strebens, gegen die Neider des bisschen Glückes, was mir der Himmel ließ und gab… Jetzt habe ich Friede geschlossen, aber ich habe keine Jugend mehr und will keine mehr haben, weil ich keine Hoffnung mehr haben will; nur in diesem Gedanken, der Ihnen fürchterlich klingt, geht mir ein neues, reiches Leben auf, und ich kümmere mich wenig darum, ob es die Welt Jugend nennt oder nicht, bin ich doch jünger dabei als ich einst war.“ (Briefe, S. 72)

12.1.1834, Breslau, an Karl Milde in Breslau

Ja, Schicksal, ich versteh dich !
Mein Glück ist nicht von dieser Welt –

„Wenn ich auch nur einen Augenblick den Gedanken fassen könnte: Du bist eine Egoist ! so wäre dieser Augenblick genügend, mich selbst zu vernichten. Aber ich bin mir des ernstlichen Strebens bewusst, nur für andere zu leben und zu wirken, nur insofern etwas zu sein, als ich jenes verfolge und erreiche. Die Frucht dieses Strebens ist meine Vaterlandsliebe und meine Poesie… Je weniger mir die äußere Welt genügt, je mehr lebe ich nach innen… Du willst gern mein Arzt sein, aber kennst mein Krankheit nicht. Wenn es Geiz ist, daß ich seit 1823 alle alten Schulden bezahlt und mir eine Bibliothek gesammelt, etwa 200 Tlr. zu einer Reise gespart, vielerlei Geschenke gemacht, mancherlei unterstützt, und jetzt im Augenblicke, wenn ich die letzten Rechnungen bezahlen will, für 3 Monate (Januar, Februar, März 1834) keine Pfennig Geld, kein ganzes Hemde, keinen heilen Strumpf mehr habe – nun, wenn das Geiz ist –

Wenn ich heute nicht komme, vergib mir. In meiner traurigen Stimmung möchte ich weder Dir noch den Deinigen sonderlich willkommen sein. (Briefe, S. 73f)

Hoffmann begibt sich wieder auf Reisen, Prag ist die erste Station, hier entdeckt er ein bisher unbekanntes deutsches Gedicht aus dem 11. Jahrhundert und veröffentlicht es an Ort und Stelle. Weiter geht es nach Wien. In Österreich findet er die älteste Übersetzung des Mathäus-Evangeliums. Nächste Station ist München. Dort begegnet er dem Hofbibliothekar und Germanisten Schmeller, außerdem den Germanisten und Mitbegründer der Turnbewegung Maßmann. Beide schätzt er als aufrechte, ehrenwerte Männer „echtdeutschen edlen“ Charakters ein. Ingrid Heinrich-Jost weist darauf hin, daß beide nach heutigen Maßstäben rechts einzustufen sind. Maßmann war übrigens Zielscheibe des Spottes von Heinrich Heine.

Weiter begegnete er Justinus Kerner, Gustav Schwab, Protagonisten der „Schwäbischen Dichterschule“, vom „Jungen Deutschland“ belächelt bis beschimpft. Vor allem freute er sich, aber Ludwig Uhland zu treffen. Dieser war als Jurist Mitglied des oppositionellen Landtags für Thüringen (1831) in Baden-Württemberg und 1848/49 im Frankfurter Parlament als Abgeordneter.

„Mein Reisezweck war erfüllt: ich hatte ihn kennen gelernt, den Mann, den ich als Dichter und Gelehrten schon lange liebte und verehrte, und war hocherfreut, daß derselbe Mann, was er gewesen, geblieben war, ein standhafter Vorkämpfer für die freie Entwicklung des deutschen Staatslebens.“

Außerdem traf Hoffmann Fanny Lewald, eine der Musen des liberalen Jungen Deutschland. Hier ist Hoffmann eher noch konservativ, in der Art, wie er es später wieder wird. Bündnisse suchend auch im rechten Lager für das „Vaterland“

Der deutsche Zollverein wird auf Druck des Bürgertums gegründet, besonders im Rheinland , wo sich noch französische Einflüsse positiv für den Handel bemerkbar machen, floriert die Wirtschaft. Die rheinischen Industriellen und Bankiers Hansemann, Camphausen und Mevissen fordern die Einberufung eines gesamtdeutschen Parlaments, Festigung und Erweiterung des Zollvereins, Aufhebung aller Privilegien des Adels, Versammlungs- und Pressefreiheit.