Bei Dresel in Geisenheim

Den August 1844 verbringt Hoffmann in Geisenheim als Gast von Karl Dresel. Er nutzt die Zeit zum Spazierengehen und Arbeiten, aber es ist auch die Zeit, um neue Bekanntschaften zu machen und allte Freundschaften zu pflegen. Unter anderem besucht er Itzstein in Hallgarten und August Reuter in Rüdesheim. Am 26.8. schreibt er von Geisenheim aus an Rudolf Müller in Holdorf:

„Das ist doch wunderlich ! Ihr wollt, ich soll mit mehr Würde auftreten, soll mich nur einigermaßen in die Menschen fügen. Was heißt das, mit Würde auftreten, sich fügen ? Weiter nichts, als so sein wie die meisten Menschen sind: immer in den herkömmlichen Formen sich bewegen, nie eine eigene Meinung und Ansicht aussprechen, nie mit Wärme für seine Überzeugung erfüllt sein, nie rücksichtslos, was man für Recht und Wahrheit erkannt hat, verteidigen. Ich kam nach Mecklenburg und ward überall mit Liebe und Vertrauen aufgenommen. Ich fühlte mich dadurch heimisch und betrachtete alle, die mir nahe traten, als Gleichgesinnte. Ich ahndete nicht, daß dieser und jener noch so sehr am Äußern hing und in politischer Beziehung unentwickelt war. Kein Wunder, daß ich verletzte und verletzen mußte, daß persönlich genommen wurde, was ich nur als Schäden und Gebrechen des deutschen Staats- und geselligen Lebens darstellte, bespöttelte und besang.

Wie erbärmlich ! Ich habe es nie mit Personen zu tun. Die Sache, der ich mein bestes Sein, meine ganze Zukunft gewidmet, ist die große Sache der Zeit und des Vaterlandes, ist mehr und verlangt mehr als eine Rücksicht auf Personen, auf Einzelwesen, ein Schonen philisterhafter Erbärmlichkeiten und Lumpereien. Ich habe in niemandem das Edle und Bessere verkannt oder beleidigt und solle es irgendwo geschehen sein, so geschah es nur wieder meinem Willen. Ich habe nicht zu tun mit dem Zensor, mit dem Edelmann, mit dem Priester, wohl aber mit der Zensur, mit dem Adel, mit dem Pfaffentume. Ich unterscheide überall den Menschen von seinem Stande und Staatsberufe, die Sache von der Person(…) Der Anstand und das Übelnehmen, das sind zwei überaus schöne Sachen, die ja nicht aus dem Leben eines echten deutschen Philisters schwinden dürfen ! (…)